Wie, mein Thema? Ich habe doch nicht nur eins.
Aber was begleitet dich durch dein Schreiben, dein ganzes Leben vielleicht?
Wie oft habe ich über diese Frage gegrübelt und keine zufriedenstellende Antwort gefunden. Und plötzlich liegt sie einfach vor mir. Ohne dass ich gerade darüber nachgedacht hätte, breitet sich die Antwort auf dem Rücken vor mir aus, scheint sich den Bauch kraulen lassen zu wollen und zu sagen: Was hast du denn, bin doch die ganze Zeit schon hier. Okay, denke ich und schaue sie ungläubig an, beuge mich zu ihr, um sie genauer zu betrachten, und berühre mit den Fingerkuppen ihr flirrendes Fell. Ein wohliges Glücksgefühl breitet sich in meinem Körper aus, Erleichterung purzelt darin herum und ein Schwall Zweifel ergießt sich noch darüber. Die Antwort scheint so banal zu sein und doch kann ich nicht glauben, sie gefunden zu haben. Mit ihrer samtigen Schnauze stupst sie mich an, fast als wolle sie sagen: Passt schon alles so. Sie heißt Körpersprache, das sagt sie nicht, aber ich weiß es. Ein ziemlich sperriger Name für eine unsichtbare Freundin, vielleicht braucht sie einen Spitznamen. Aber woher kommt sie? Wo hat sie ihren Ursprung?
Wohl schon als Kind habe ich gelernt, Menschen, Umgebung und Begebenheiten genau zu beobachten, vielleicht um Problemen aus dem Weg zu gehen. Doch Verhalten, Gesagtes und Geschehnisse haben nicht immer zusammengepasst. Wenn Körpersprache mit Worten und Taten aber übereinstimmt, bringt das etwas in mir zum Schwingen. Ein ganz besonderer Herzensmensch hat mich bis in jede Zelle meines Körpers berührt, denn sie sprach nicht nur mit mir so, sondern auch mit den Pferden und offenbarte mir eine Art Magie: den Zauber des scheinbaren Hineinsehens in ein anderes Wesen. Später begriff ich, dass es gar kein Hineinsehen, sondern ein echtes Ansehen ist. Pferde sind Meister darin. Wir können uns mit Worten belügen. Aber Pferde wissen, was wir gerade wirklich denken oder empfinden. Wir können ihnen nichts vormachen, denn unsere Körper machen da nicht mit. Und wenn wir es versuchen, ist unser Verhalten widersprüchlich und sie sind verunsichert, scheu oder können sogar aggressiv werden. Sie sehen uns und zeigen wir uns ohne Fassaden, verstehen sie uns oft besser als ein Mensch, dem wir etwas mit Worten erklären. Und dennoch gibt es nicht wenige, die den Tieren eine kaum vorhandene Kommunikation unterstellen wollen. Dieser Herzensmensch jedenfalls hat ein paar Körnchen Faszination in mir gesät und seitdem versuche ich, die Fähigkeiten von Körpern kennenzulernen und spüre ihrer Sprache nach. Wie ein roter Faden zieht sich dies durch mein Leben. Ob beim Schauspielen, mit den Pferden, bei Studium oder Begeisterung für Biomechanik und Verhalten, bei Akrobatik, Tanz, Körperarbeit oder Kontaktjonglage und ja, auch beim Schreiben, alles wird hiervon durchdrungen. Alles was mir bisher so unzusammenhängend vorkam, kann ich an diesem Faden aufhängen und mich daran festhalten, falls mir schwindelig wird.
Und hat deine unsichtbare Freundin jetzt schon einen Spitznamen?
Ja. Noko. Von nonverbaler Kommunikation, ist ja so ziemlich das gleiche wie Körpersprache und klingt besser als Körsp oder Köpra.
Und mir ist noch was eingefallen: Selbst meine fortwährende Begeisterung als Erwachsene für Kinder- und Jugendbücher (mit Fantasy) hängt an diesem Faden. Voller Selbstzweifel ob das nicht irgendwie schräg sei, habe ich darüber nämlich auch schonmal nachgedacht. Aber es ist einfach so, dass hier, anders als irgendwo sonst, Tiere, Menschen und Pflanzen ebenbürtig sind, sich miteinander unterhalten und zusammen agieren. Ich glaube, genau das übt eine große Anziehungskraft auf mich aus.